Lisa Michaelis & Anne Krause-Rick
Lisa Michaelis & Anne Krause-Rick
LEICHTE SPRACHE
Das sind Lisa Michaelis und Anne Krause-Rick.
Sie haben 2 Nazi-Opfer in ihrer gemeinsamen Familie.
Der Onkel von Lisa Michaelis ist ein Opfer.
Er wurde gegen seinen Willen unfruchtbar gemacht.
Die Groß-Mutter von Anne Krause-Rick ist auch ein Opfer.
Man sagt: Sie hatte einen Gehirn-Tumor.
Aber das stimmt nicht.
Sie verhungerte in der Anstalt.
In ihrer Familie spricht man nicht darüber.
Es wird sich geschämt.
Lisa Michaelis und Anne Krause-Rick schämen sich nicht mehr.
Sie erzählen darüber.
Frage 1: Wie viel MUT brauchte es, sich der Vergangenheit zu stellen?
Lisa sagt: Es braucht sehr viel Mut.
Auch das Lesen der vielen Unterlagen.
Das war schwer.
Jetzt versteht sie aber alles.
Anne sagt: Ich brauche kein Mut.
Ich bin neugierig.
Ich will wissen was war.
Und jetzt weiß ich:
Es war sehr schlimm.
Frage 2: Wie hat das Wissen um die Geschichte Ihr Leben verändert?
Lisa ist noch mehr dankbar geworden.
Und wert-schätzend dem Leben gegenüber.
Anne kann endlich trauern.
Um ihre Oma.
Und sie beschäftigt:
Warum haben so viele mitgemacht.
Wie geht das.
Frage 3: Was erwarten Sie von Ihren Mitmenschen in Bezug auf den heutigen Umgang mit diesen NS-Verbrechen?
Lisa wünscht sich:
Alle Menschen sollen sich respekt-voll verhalten.
Anne wünscht sich:
Es muss mehr Aufklärung und Wissen geben.
Das muss im Kinder-Garten anfangen.
Kinder müssen lernen alle sind gleich.
Alle sind gleich viel wert.
Auch Erkrankte.
Und Menschen mit Behinderungen.
Keiner darf über den anderen bestimmen.
Und ihm weh tun.
Frage 4: Können Sie "vergeben" und "verzeihen"?
Lisa sagt: Ich kann meiner Familie vergeben.
Ihre Scham.
Aber die Täter tragen die Verantwortung.
Für alle Verbrechen.
Anne sagt: Ich versuche es.
Ich kann nicht mit Hass und Wut leben.
Aber die Verbrechen sind nicht zu verzeihen.
Wilhelm Saul und Marie sind Geschwister.
Sie haben noch drei weitere Geschwister.
Sie leben in Scharnebeck.
Sie haben einen Bauern-Hof.
Sie müssen hart arbeiten.
Die Schwestern heiraten.
Marie heiratet im Jahr 1931.
Sie heiratet Hans Wege.
Er baut Brunnen.
Der Vater von Marie kauft ihnen einen Bauern-Hof.
Der Bauern-Hof ist in Brietlingen.
Hans Wege hat schon eine Tochter.
Marie und Hans Wege bekommen drei gemeinsame Kinder.
Sie brauchen Geld für ihre Kinder.
Die Nazis sagen:
Nur gesunde Menschen sollen Kinder-Geld bekommen.
Marie und Hans haben Glück.
Sie bekommen Kinder-Geld.
Aber sie werden auch unter-sucht.
Genauso wie der Bruder von Marie – Wilhelm.
Der Arzt sagt:
Wilhelm ist schwach-sinnig.
Er muss un-fruchtbar gemacht werden.
Er darf keine Kinder bekommen.
Marie wird krank.
Sie isst nicht.
Sie schläft nicht.
Ihr Arzt entscheidet:
Marie muss in eine Anstalt.
In der Anstalt will sie nichts essen.
Sie will keine Hilfe.
Sie stirbt.
Das ist am 19. Februar 1943.
Ihr Bruder Wilhelm bleibt zu Hause wohnen.
Dann ist der Krieg aus.
Wilhelm sagt:
Ich bin ein Opfer der Nazis.
Sie haben mich gegen meinen Willen un-fruchtbar gemacht.
Dafür will ich jetzt Wieder-Gut-Machung.
Dafür will ich als Trost ein wenig Geld.
Aber das Gericht sagt:
Nein.
Die Operation war richtig.
Wilhelm soll niemals Kinder bekommen.
Wilhelm hat kein Recht auf Wieder-Gut-Machung.
Der Grund ist:
Sein Brief kommt 2 Wochen zu spät.
Die Zeit ist ab-gelaufen.
Wilhelm bekommt keine Wieder-Gut-Machung.
Das findet seine Familie falsch.
Sie beschweren sich.
Sie sagen:
Moment mal!
Die Nazis waren im Un-Recht.
Aber sie haben keinen Erfolg.
Wilhelm wird alt.
Das Zusammen-Leben ist immer schwieriger mit ihm.
Er kommt in die Anstalt.
Er stirbt im Jahr 1976.
Es ist eine Folge eines Unfalls.
Seine Familie holt seine Leiche nach Scharnebek.
Er wird dort begraben.
Marie Wege und Wilhelm Saul
LEICHTE SPRACHE
Das ist ein Foto von der Familie Saul.
Wilhelm steht hinten in
der Mitte.
Marie sitzt rechts auf
einem Stuhl.
Das Foto ist etwa von 1925.
Das ist ein Foto.
Es zeigt Wilhelm und Marie.
Wilhelm liegt auf
dem Heu-Wagen.
Marie steht links.
Ihre Schwester Emma
steht rechts.
Das Foto ist aus dem
Jahr 1927.
Das ist ein Foto.
Es zeigt die ganze Familie.
Die Schwester Emma heiratet im Jahr 1933.
Es ist eine große Hoch-Zeit.
Auf dem Foto sind alle Gäste der Hoch-Zeit.
Auch Wilhelm und Marie.
Wilhelm steht in der
dritten Reihe.
Marie steht in der zweiten Reihe.
Das ist ein Zeugnis.
Darin steht:
Die Familie Saul ist krank.
Sie dürfen keine Kinder bekommen.
Das ist ein Foto von Marie Wege.
Es ist aus den dreißiger Jahren.
Das ist ein Beschluss.
Ein Beschluss ist eine Entscheidung von einem Gericht.
Es hat entschieden:
Wilhelm ist un-fruchtbar zu machen.
Am 18. April 1940 wird Wilhelm operiert.
Gegen seinen Willen.
Das ist ein Brief an das Gericht.
Die Familie kämpft.
Dafür dass Wilhelm als Opfer der Nazis gesehen wird.
Wir erinnern mutig