Friedrich
Buhlrich

FRIEDRICH BUHLRICH - LEICHTE SPRACHE

Das ist Friedrich Buhlrich.
Er hat 2 Schwestern und 1 Bruder.
Alle 3 wurden ermordet.
In der Nazi-Zeit.
In der Anstalt.
Seine beiden Schwestern in Lüneburg.
In der Kinder-Fach-Abteilung.

Im Jahr 1964 erzählen ihm seine Eltern:
Du bist nicht unser Kind.
Du hast andere Eltern.
Dein Vater ist ein Zwangs-Arbeiter aus Polen.

Darum darf Friedrich nicht bei seiner deutschen Mutter bleiben.
Er bekommt neue Eltern.
Da ist er noch ein Baby.
Mehr erzählen seine neue Eltern nicht.

Dann sterben seine neue Eltern.
Da ist er schon erwachsen.
Er findet 3 Sterbe-Urkunden.
So findet er heraus:
Ich habe 3 Geschwister gehabt.
Er findet heraus was mit ihnen passiert ist.
Das dauert viele Jahre.

Seit 36 Jahren sagt er in Schulen
zu Jugendlichen,
oder zu Politikern:
Meine Geschwister sind ermordet worden.
Von den Nazis.
Weil sie krank waren.
Das darf nie wieder passieren.

Frage 1: Wie viel MUT brauchte es, sich der Vergangenheit zu stellen?

Ich sage allen:
Sei mutig.
Erzähle die Wahrheit.
Alle müssen hören:
Die Nazis haben Kinder ermordet.
Die Wähler von rechten Parteien müssen das hören.
Damit sie eine andere Partei wählen.

Das kostet mich viel Kraft.
Aber es muss sein.

Frage 2: Wie hat das Wissen um die Geschichte Ihr Leben verändert?

Geschichte ist wichtig.
Die Geschichte muss man erforschen.
Das weiß ich jetzt.

Es ist auch wichtig die eigene Familie zu kennen.
Und die Geschichte der eigenen Familie.

Die Geschichte hat mir beigebracht:
Menschen können sehr schlimme Sachen machen.
Sie sind sogar bereit ihre eigenen Kinder zu ermorden.

Jetzt interessiere ich mich für Geschichte.
Meine eigene und Allgemein.

Frage 3: Was erwarten Sie von Ihren Mitmenschen in Bezug auf den heutigen Umgang mit diesen NS-Verbrechen?

Ich wünsche mir:
Viele Menschen sollen sich für die Nazi-Zeit interessieren.
Ich wünsche mir:
Jeder Schüler soll eine Gedenkstätte besuchen.
Kranken-Mord der Nazis soll Thema im Unterricht sein.
Schulen sollen auch die Angehörigen einladen.
Die sprechen dann mit den Schülern.
Dadurch lernen die Schüler:
Es soll nicht wieder los-gehen.

Frage 4: Können Sie »vergeben« und »verzeihen«?

Nein.
Ich kann das nicht vergeben.
Die Morde kann ich nicht vergeben.
Dass man mich von meinen Eltern weg-genommen hat.
Das kann ich auch nicht vergeben.
Aber ich habe gelernt damit zu leben.

  • "Aber ich musste einen Umgang damit finden. Und das habe ich."

    Friedrich Buhlrich

Die Geschwister Buhlrich –
LEICHTE SPRACHE

Hans Buhlrich ist am 1. Mai 1932 geboren.
Seine Mutter heißt Johanne.
Sein Vater heißt Wilhelm.
Er ist ihr ältestes Kind.

Hans hat einen lahmen Arm.
Er ist auch langsam im Denken.
Seine Schwestern heißen Erika und Margret.
Sie werden 1936 und 1941 geboren.

Hans kommt in ein Kinder-Heim.
Das ist ein halbes Jahr nach der Geburt von Margret.
Seine Mutter schafft keine drei Kinder.
Sie braucht eine Pause.

Hans hat kein Glück.
Er kommt im Heim an.
Wenige Tage später wird das Heim geräumt.
Alle kommen in ein anderes Kinder-Heim.
Hans kommt nach Kutzen-Berg.
Das neue Heim ist viele Auto-Stunden entfernt von Bremen.
Es ist in Bayern.

Dort stirbt Hans ein Jahr später.
An einer Herz-Schwäche.
Das ist nicht wahr.
Er wurde vermutlich getötet.

Die Schwester Erika wird krank.
Sie bekommt eine Hirn-Haut-Entzündung.
Da ist sie 1 Jahr alt.
Ihr Gehirn wird beschädigt.
Sie bekommt eine Behinderung.
Als Hans stirbt ist sie 6 Jahre alt.

Auch in Bremen ist Krieg.
Es fallen Bomben.
Die Menschen müssen sich schützen.
Sie müssen in einen besonderen Keller.
Dort werden sie nicht getroffen.
Oder nur ganz selten.

Auch die Mädchen müssen in den Keller.
Ihre Mutter wird beschimpft.
Weil Erika und Margret eine Behinderung haben.
Ihre Mutter muss sie in die Kinder-Fach-Abteilung bringen.
Sie kommen nach Lüneburg.

Die Mutter denkt:
Erika und Margret haben beide eine Behinderung.
Sie fragt den Arzt:
Warum habe ich drei Kinder mit Behinderungen?
Kann ich gesunde Kinder bekommen?

Die Mutter bekommt eine Antwort.
Der Arzt antwortet:
Das kann ich heraus-finden.
Dafür muss ich das Gehirn unter-suchen.

An das Gehirn kommt man nur wenn man tot ist.
Also werden Erika und Margret ermordet.
Danach sind alle drei Kinder von Johanne Buhlrich tot.

Der Arzt nimmt die Gehirne von Erika und Margret.
Die Gehirne werden unter-sucht.
Der Arzt sagt der Mutter:
Bekomme keine weiteren Kinder.

Sie nehmen sich eines anderen Kindes an.
Es ist ein Baby.
Es heißt Friedrich.
Er weiß nichts von seinen ermordeten Geschwistern.
Seine Eltern sterben.
Danach findet er die Sterbe-Urkunden.
Er findet raus:
Es gibt drei Geschwister.
Er will wissen:
Was ist mit ihnen passiert?
Warum sind sie tot?
Er macht sich auf die Suche nach ihnen.
Er findet heraus:
Alle drei Geschwister sind Opfer des Patienten-Mordes.
Sie wurden im National-Sozialismus ermordet.

Seitdem geht er in Schulen.
Er spricht mit Schülern.
Er erzählt die Geschichte seiner Geschwister.
Viele sollen davon erfahren.
Damit so etwas nie wieder passiert.

Das ist ein Foto.
Auf dem Foto ist Hans.
Er ist 4 Jahre alt.

Das ist ein Foto.
Es ist ein Foto von Erika.
Sie sitzt auf einer Decke.
Sie ist 1 Jahr alt.

Das ist ein Foto von Margret.
Sie ist im Garten.
Sie sammelt Äpfel.
Sie ist 3 Jahre alt.

Das ist eine Karte.
Darauf steht:
Hans Buhlrich ist seit September 1941
in Kutzen-Berg.
Im Oktober 1942 ist Hans tot.

Es ist ein Brief von Johanne Buhlrich.
Sie schreibt an die Anstalt.
Sie will wissen:
Warum sind meine Kinder krank?
Warum haben sie eine Behinderung?
Kann ich Kinder ohne Behinderung bekommen?

Das ist die Sterbe-Urkunde von Erika.
Darin steht:
Erika ist im November 1944 gestorben.
In ihrer Wohnung. Das ist falsch.
Sie stirbt in der Anstalt.
Das ist ihr letzter Wohn-Sitz.

Das ist die Sterbe-Urkunde von Margret.
Darin steht:
Margret ist im November 1944 gestorben.
In ihrer Wohnung. Das ist falsch.
Sie stirbt in der Anstalt.
Das ist ihr letzter Wohn-Sitz.

Wir erinnern mutig